Darf Kirche politisch sein? – Rückblick auf Lesung zu Karl Grein

Darf Kirche politisch sein?“ Mit dieser Frage begrüßte Pfarrer Fabian Böhme am 5. Februar 2025 die zahlreich erschienenen Gäste im voll besetzten Pfarrer-Grein-Saal der Arheilger Auferstehungsgemeinde.

Im Rahmen der von der evangelischen und katholischen Kirche gemeinsam  getragenen Initiative „Für alle – mit Herz und Verstand“ zur Bundestagswahl hatte die Gemeinde in  Kooperation mit dem Geschichtsverein Arheilgen zur thematischen Lesung „Karl Grein – schwarzer Karl – ein aufrechter Christ“ eingeladen.

Mechthild Benz und Jürgen Hein-Benz vom Geschichtsverein skizzierten an diesem Abend anhand von Daten, Texten und Bildern eindrucksvoll zehn Stationen des Lebenswegs von Karl Grein (1881 – 1957), der mit dem Kaiserreich, der Weimarer Republik, der Naziherrschaft und dem demokratischen Deutschland vier Regierungsformen erlebt hatte. Er blieb Zeit seines Lebens bei allen Zweifeln und Irrungen immer seinem Glauben und seiner Zugewandtheit zu den Menschen treu.

Besonders eindrucksvoll geriet die Beschreibung des auch in der dörflichen Provinz Arheilgen angekommenen Nazi-Terrors in der Nacht vom 10. auf den 11. November 1938.  Ein Schlägertrupp von ortsansässigen Nazis zerstörten in dieser Nacht die Druckerei und die Wohnräume des jüdischen Verlegers Aron Reinhardt. Seine Tochter Johanna stürzte sich aus Angst aus dem Fenster im Obergeschoss. Pfarrer Grein hatte zu dieser Zeit schon Berufsverbot. Als er von der Tat erfuhr, eilte er zum Tatort und sorgte als Einziger dafür, dass ein Krankenwagen Johanna Reinhardt schwer verletzt ins Krankenhaus brachte, wo sie am 13. November 1938 starb. Ihr Vater erhängte sich kurz nach dem Tod seiner Tochter am 22. Dezember.

Am Ende einer engagierten und ergreifenden Lesung bedankte sich Pfarrer Böhme bei allen Mitwirkenden und den Gästen und beantwortete seine eingangs gestellte Frage, ob Kirche politische sein darf mit der klaren Feststellung: „Ich glaube, Kirche muss politisch sein. Sie muss, anders als damals, ihren Auftrag wahrnehmen und auf politische Gefahren hinweisen. Sie muss darauf achten, dass die Würde des Menschen, jedes Menschen, gewahrt bleibt und dass sich die 30er Jahre nicht wiederholen.“